Im fünften Jahr der Isny-Oper wurde erstmals eine Operette inszeniert: die »Fledermaus« von Johann Strauß. Der in Isny lebende Künstler Gerhard Kindermann, der Grafik-Design in Münster und Malerei an der Akademie der bildenden Künste Karlsruhe/Freiburg studiert hatte, entwarf ein modernes Bühnenbild mit abstrahiertem Mobiliar; der erste Akt in warmem Rot, der zweite in hellem Weiß und Gelb; der dritte in moosigem Grün.
»Entrümpelt von Plüsch und Pomp«, wie es in einem Zeitungsbericht hieß, inspirierte diese klare Konzeption in die sich Claudia Ehrlichs Kostüme perfekt einpassten, das junge Ensemble zu überbordendem Temperament. Die Kostümbildnerin, Absolventin der Meisterschule für Mode München, hatte im festlichen zweiten Akt Ballkleider ganz in Weiß, Gelb und Gold geschaffen, dazu die Herren in Fräcken. Der Choreograf Christian Venzke aus Berlin studierte die Tanzformation ein.
Die Sänger hatte Hans-Christian Hauser wieder größtenteils von der Musikhochschule München zur Mitwirkung begeistern können. Die Adele hatte er durch sein Spiel beim Internationalen Osterseminar für junge Sänger Karlsbad/CZ unter Leitung von Prof. Andrej Kucharsky kennen gelernt. Aus osteuropäischen Ländern sollten in vielen folgenden Jahren immer wieder Sänger kommen. Mehr zur Besetzung hier…
Das Orchester wurde erstmals bereichert durch Instrumentalisten der Philharmonie Arad, die kurz zuvor als Ganzes in Isny gastiert hatte. Eine Tanzformation aus Isnyern wurde zudem in den Ball integriert.
Das Spiel war turbulent, die Stimmen hervorragend, die Energie groß, das Publikum begeistert. Zudem gab es erstmals mit großer Resonanz ad hoc ein Orchesterkonzert, in dem unter anderem Hans-Christian Hauser ein Mozart-Klavierkonzert vom Flügel aus dirigierte.
Und doch entwickelte sich mit dieser Produktion mit überraschender Wucht ein fast apokalyptischer Konflikt, der der Isny-Oper noch jahrelang Schwierigkeiten bereiten sollte. Hier spielen mehrere Faktoren zusammen:
Isnys neuer Bürgermeister Manfred Behrning wollte die Stadt vom finanziellen Risiko befreien und die Oper privatisieren – selbstverständlich weiterhin mit städtischer Unterstützung. So wurde rasch ein Trägerverein aus engagierten Isnyer Bürgern gegründet, der sich mit Elan an die Sache machte.
Hans-Christian Hauser, der dennoch, wie von Anfang an, den Löwenanteil der Organisation zu leisten hatte, war zur gleichen Zeit der Regisseure und ihrem alles an sich reißenden Selbstverständnis überdrüssig geworden und wollte die Inszenierung in einem Team gemeinsam erarbeiten, zu dem auch die Dramaturgin Bettina Schwerdtfeger und die unermüdliche Assistentin Bärbel Baumann gehörten. Diesem modernen Versuch stellten sich allerdings in der Haupt-Probenphase einige der Darsteller – traditionalistisch und ehrgeizig motiviert – vehement entgegen. Es kam zu einem fürchterlichen Streit, der wiederum den noch ganz unerfahrenen Trägerverein gänzlich entsetzte.
Die Stimmung hinter den Kulissen war entsetzlich. Man wollte Hans-Christian Hauser zwingen, einen Vertrag zu unterschreiben, nach dem er immer einen Regisseur engagieren und auch in anderen Besetzungsfragen den Trägerverein um Erlaubnis fragen müsste. Der Trägerverein suchte alle Schuld bei Hans-Christian Hauser, der sich aber in seiner Sache nicht beirren ließ, denn er sah die Isny-Oper als primär sein persönliches Projekt an. Der Streit eskalierte nach außen zum städtischen Politikum, in der lokalen Zeitung breit getreten.
Während Hans-Christian Hauser schon die Grundlagen für die Aufführung des Folgejahres legte, schloss ihn der Trägerverein offiziell aus seiner Mitte aus. Schließlich entzog ihm – ohne dass es auch nur eine Auseinandersetzung gegeben hätte – der Vorsitzende des Fördervereins, Gerhard Konzelmann, plötzlich über Mitteilung an die Presse die Unterstützung.
Da Gerhard Konzelmann in Isny hoch verehrt wurde und von vielen als wichtiger Motor der Isny-Oper angesehen wurde, verunsicherte dieser Rückzug einen großen Teil der maßgeblichen Bürger enorm, gepaart mit einer schweren Kampagne des lokalen Zeitungsredakteurs. Dies führte schließlich dazu, dass der Gemeinderat beschloss, die Isny-Oper nicht weiter zu bezuschussen – was in den Augen der öffentlichen Meinung einem Aus gleichkam.
(Anm. der Redaktion: Wie man nicht zuletzt am 30-jährigen Jubiläen sieht, konnte das Isny Opernfestival trotzdem fortgeführt werden. Die Stadt Isny und viele andere unterstützten das Projekt weiterhin und mit Gerhard Konzelmann kam es 2007 sogar zu einer Co-Produktion bei seiner »Schönen Lau«.)