Schrieb nicht nur den »Cancan« – Jacques Offenbach (1819-1880)
Jacques Offenbach wurde am 21. Juni 1819 als Sohn eines Synagogenvorsängers in Köln geboren. Schon als Knabe kam er nach Paris, das er nur noch vorübergehend verließ. Am Pariser Konservatorium lernte Offenbach als bevorzugtes Instrument das Violoncello. Anschließend war er Orchestermusiker im Orchester der Opera Comique. 1849 führte Offenbach als Kapellmeister am Théâtre-Français seine ersten Bühnenwerke auf. Über ein misslungenes Unternehmen in Amerika berichtet er in seinem Buch: »Reisenotizen eines Musikers«.
Offenbach schrieb 102 Bühnenwerke. Von kleinen kapriziösen Lieder- und Singspielen über Einakter bis zur dreiaktigen Operette. Seine erfolgreichsten Werke waren unter anderem »Die Insel Tulipatan«, »Die Verlobung bei der Laterne«, »Orpheus in der Unterwelt«, »Die schöne Helena«, »Pariser Leben«, »Blaubart«. Offenbach verspottete in seinen Operetten mit klassischen Stoffen das gesellschaftliche Leben des zweiten Kaiserreiches. Seine Ironie und beißende Kritik wird jedoch durch Charme und Heiterkeit gemildert, so dass alles Verletzende fehlt. Berühmt wurde Jacques Offenbach durch den »Cancan«, der sich heute noch größter Beliebtheit erfreut.
In die Musikgeschichte ist Jacques Offenbach vor allem als Meister der Operette eingegangen. Ähnlich wie Johann Strauß und Franz Lehar zeigte er jedoch eine besondere Vorliebe für die Oper. Es genügte ihm nicht, dass seine heiteren Werke an der Pariser Kleinbühne der »Bouffes Parisiens« sehr erfolgreich waren und ihm viel Geld einbrachten. Er bemühte sich ständig um Aufträge der Pariser Opera Comique und anderer Theater zu »seriösen« Bühnenwerken.
Mit der »großen romantischen Oper« »Die Rheinnixen«, einer Feenoper in drei Akten, erlebte Offenbach eine bittere Enttäuschung. Das Werk, das er im Auftrag der Wiener Hofoper komponiert hatte, verschwand nach wenigen Aufführungen vom Spielplan. Eine einzige Nummer aus dieser Oper blieb jedoch unvergessen: der Elfenchor »Komm‘ zu uns und sing‘ und tanze.« Offenbach übernahm ihn später in seine Oper »Hoffmanns Erzählungen«. Es ist die berühmte Barkarole »Schöne Nacht, du Liebesnacht«.
Die ersten Skizzen zu »Hoffmanns Erzählungen« gehen auf das Jahr 1877 zurück. Der Komponist, der in den letzten Jahren seines Lebens durch rastlose Arbeit und finanzielle Sorgen seine Gesundheit untergraben hatte, widmete sich fieberhaft der Fertigstellung seiner letzten Oper, von der er sich die Krönung seines Lebenswerks erwartete. Sein sehnlichster Wunsch, die Uraufführung zu erleben, war ihm jedoch nicht vergönnt. Am 4. Oktober 1880 schloss Offenbach die Überprüfung seines Manuskripts ab. Er hatte es als klavierauszugähnliches Particell angelegt, in dem die Instrumentation mit großer Gewissenhaftigkeit angedeutet war. In der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober starb Jacques Offenbach.
Ernest Guiraud instrumentierte die Oper nach Offenbachs Hinweisen. Am 10. Februar 1881 fand in Anwesenheit der Spitzen des französischen Staates und wichtiger Repräsentanten des internationalen Kulturlebens die Uraufführung von »Hoffmanns Erzählungen« an der Pariser Opera Comique statt. Den in Venedig spielenden Giulietta-Akt ließ man weg, da befürchtet wurde, das Werk sei zu lang. Um die Barkarole zu retten, wurde der Antonia-Akt nach Venedig verlegt. Trotz dieser Verstümmelung war der Beifall für das Werk und die Sänger enthusiastisch.
Noch im gleichen Jahr folgten 100 weitere Aufführungen. Am 7. Dezember 1881 fand in Wien die Erstaufführung in deutscher Sprache statt. Am Tag darauf brannte das Ringtheater ab. Hunderte von Menschen starben. Seither galt die Oper bei den abergläubischen Theaterleuten als »Unglückswerk«.
Erst nach der Wiederaufführung im Jahr 1895 in Berlin, die 400 Wiederholungen erlebte, setzte sich das Werk endgültig durch.
Fritz Hartmann