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Festival 2002 - Henry Purcell (1659-1695) »The Fairy Queen«Henry Purcell (1659-1695) »The Fairy Queen«
Barockoper in fünf Akten nach dem Schauspiel
»Der Sommernachtstraum« von William Shakespeare
Dialoge in deutscher Sprache

In Shakespeares »Sommernachtstraum« treffen die unterschiedlichsten Menschen- und Feenwesen aufeinander. Purcell hielt sich an die Textvorlage von Shakespeare, kürzte jedoch einiges; so die Figur der Hyppolita, Braut von Theseus, der dort, wie die jungen Paare, auf Freiersfüssen geht. Hyppolita ist bei Shakespeare aber auch eine frühere Geliebte von Oberon, was im Streit zwischen ihm und Titania auch zur Sprache kommt. Zugleich hat Purcell aber das Shakespear’sche Universum durch weitere Natur- und Götterwesen, Allegorien und Hirten bereichert.
Ähnlich wie im alten Ägypten findet sich ein hierarchisch gegliedertes Spektrum von Mischfiguren aus Natur- und Götterwesen, Allegorien und Menschen. Verschiedenste Phänomene der natürlichen und übernatürlichen Welt werden darin verkörpert.

Über den einfachsten Feenwesen wie Käfer, Libellen, Kirschblüte, Rose, Gazelle residiert das Königspaar Oberon (Naturgeist, der Silberpappel ähnlich, hoch, länglich, streng und eifersüchtig) und Titania (Naturgeist einer Blumenwiese, weich, duftend, sinnlich), das in eifersüchtigem Ehestreit menschenähnliche Züge zeigt. Puck (Koboldgeist eines Beerenbusches), Oberons Diener, ist in seiner Beweglichkeit und Mitteilsamkeit das Herzstück der Naturwesen.
Eine Mischung aus Naturwesen und abstrakter allegorischer Bedeutung stellen vor: die Katze („das Geheimnis«), der Falke («die Verschwiegenheit«, aber auch »der Herbst«), der Wolf («der Schlaf«, auch »der Winter«), der Blütenbaum («der Frühling«) und der Pfau («der Sommer«).

Über diesen schon mit götterähnlichen Zügenn ausgestatteten Wesen regieren die Nacht und Sonne mit Zephir, dem Frühlingswind, der die Säfte der Natur zum Fließen bringt. An der Spitze dieser Hierarchie thront als universale, moralische Instanz die Himmelsgöttin mit Hymen, dem Gott der Ehe.

Bei den Menschen gibt es zunächst zwei Gruppen: die Edelleute, deren Liebesleidenschaft durch Gesetze und Machtinteressen behindert werden, und die Handwerker, die nach Höherem streben, aber tolpatschig und nur halbgebildet sind. Purcell hat nach barocker Mode noch eine dritte Gruppe eingeführt, die Hirten, die in unserer Inszenierung glückliche Naturmenschen aus einer anderen Hemisphäre darstellen: in ihnen ist der Kontakt zur Natur nie abgerissen, und so leben sie durchweg mit größerer Leichtigkeit als die Edelleute und Handwerker.

Das immer wieder neu variierte Hauptthema dieses sommerlichen Intermezzo ist VERZAUBERUNG, VERWIRRUNG und TRANSFORMATION. Der Sommer läßt die Säfte der Menschen schneller fließen und reißt diese zu Kapriolen hin. Aus der Stadt ins Freie entlassen, in den vom Charme einer lauen Sommernacht verzauberten Wald, greift die Natur nach den eher spröden Menschen. Ihre Farbigkeit und Poesie verwirrt und verzaubert, transformiert diese auf verschiedene Weise und läßt schließlich eine utopische »neue, transparente Welt« entstehen, in der alle Wesen in Glück und Harmonie vereint sind. Titania, die Feenkönigin, bildet zusammen mit Oberon das strahlende Zentrum dieses Kosmos. Das ganze Feenreich aber ist, wie das Stück selbst, eine Art Oase, in denen dieses Feenreich mit den Menschen spielt.

Die überlieferten Musikstücke und Zwischentexte von Purcell zusammen mit den von ihm aus Shakespeares »Sommernachtstraum« entnommenen Texten so zu ordnen, umzustellen und zu übersetzen, auch zu kürzen, daß ein stringenter und logischer Handlungsablauf entsteht, war ein immenser Aufwand und eine große künstlerische Herausforderung. Was von Purcell überliefert ist, läßt viele Möglichkeiten offen. Wir haben versucht, die fast verwirrende Vielfalt nach Möglichkeit zu vereinfachen und für insgesamt nicht mehr als 25 Bühnendarsteller, die dennoch bis zu drei Rollen übernehmen, spielbar zu machen. Dabei haben wir uns entschieden, die gesungenen Texte, des schöneren musikalischen Eindrucks wegen, in Originalsprache zu belassen.

Hans-Christian Hauser

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