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Giuseppe Verdi (1813-1901) – Leben und Werk
Giuseppe Fortunio Francesco Verdi wurde am 10. Oktober 1813 in dem kleinen italienischen Städtchen Le Roncole bei Busseto geboren. Sein Vater Carlo bewirtschaftete dort zusammen mit seiner Frau Luigia einen Kramladen und eine Dorfschenke. Und hier, in ländlicher Atmosphäre, sammelte der junge Verdi seine ersten musikalischen Eindrücke durch umherziehende Dorfmusikanten, die im Wirtshaus einkehrten. Verdis musikalische Begabung zeigte sich recht früh, und so kaufte der Vater ein altes Tafelklavier. Schon während der Schulzeit komponierte Verdi nach eigenen Aussagen eine Vielzahl von Märschen und Ouvertüren.

Die Förderung und Unterstützung seines zukünftigen Schwiegervaters Antonio Barezzi – ein Kaufmann aus Busseto – erlaubte ihm eine profunde musikalische Ausbildung in Mailand. Daneben konnte Verdi seine musikalische Ausbildung mit Hilfe eines Stipendiums der Stiftung Monte di Pieta e d’Abbondanza absichern. Das Konservatorium lehnte ihn für die Pianistenausbildung dennoch ab. Er habe die Altersgrenze überschritten, eine zu geringe technische Vorbildung und außerdem käme er aus einem anderen Verwaltungsbezirk (Mailand gehörte zur österreichischen Lombardei). Man ermutigte ihn jedoch, an der Kompoponistenlaufbahn festzuhalten.

Und so nahm er Einzelunterricht bei Vincenzo Lavigna, der seinerseits als Korrepetitor an der Mailänder Scala reiche Opernerfahrungen gemacht hatte. 1836 erhielt Verdi seine erste Anstellung als Maestro di Musica in Busseto. Er war dort Leiter des Stadtorchesters und der Musikschule. Regelmäßig komponierte er für dieses Orchester, aber auch für andere Gelegenheiten. Kurz darauf heiratete er Barezzis älteste Tochter Margherita. Im gleichen Jahr begann er mit der Arbeit an der Oper Rocester. Ob das Werk verschollen ist oder in der nachfolgenden Oper Oberto eingearbeitet wurde, ist unklar. Jedenfalls vollendete Verdi 1839 seine erste Oper Oberto, Conte di San Bonifacio, einen Zweiakter, der am 17. November 1839 an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde.

Verdi gab den Musikdirektorposten in Busseto auf, um mit seiner Familie nach Mailand überzusiedeln. Die Oper brachte ihm ein Vertragsangebot über drei weitere Opern und er begann an der Opera Buffa Un giorno di regno zu arbeiten. In dieser Zeit musste er allerdings einige Schicksalsschläge hinnehmen: im August 1838 starb seine Tochter Virginia, im Oktober 1839 sein Sohn Icilio und im Juni 1840 verlor er seine Frau. Hinzu kommt, dass die neue Oper bei der Uraufführung ausgepfiffen wurde. Verdi geriet in eine tiefe Schaffenskrise, bis er durch Zufall das Libretto zu Nabucco in die Hände bekam. Die Reaktion Uraufführung am 9. März 1842 an der Mailänder Scala übertraf alle Erwartungen und verhalf Verdi zum Durchbruch. Namentlich der Chor der gefangenen Juden im Babylonischen Exil („Va, pensiero, sull’ali dorate«) traf – in der österreichisch regierten Lombardei – den Nerv der Zeit: den Freiheits- und Unabhängigkeitswillen der Italiener.

Mit dieser Oper gelang es Verdi, nationale und religiöse Motive miteinander zu verbinden. Der Erfolg der Opern bis Ende 1850 (unter anderen Alzira 1845, Attila 1846, Luisa Miller 1849, und Stiffelio 1850) machte ihn wirtschaftlich unabhängig, und er lebte mit seiner Lebensgefährtin, der Sängerin Giuseppina Strepponi, auf dem eigenen Gut bei Busseto. Die unangefochtene Karriere als bedeutendster italienischer Opernkomponist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich fort mit Rigoletto (1851), II Trovatore (1853) und La Traviata (1853).
Mit der Oper Un ballo in maschera (1859) begann ein weiterer Abschnitt seiner schöpferischen Entwicklung. In diesem Opus lässt sich die motivische Verknüpfung des aus kleinsten Zellen bestehenden musikalischen Materials besonders gut verfolgen. Außerdem führte Verdi die fließenden Übergänge vom Rezitativ zur Arie ein, die für sein Spätwerk charakteristisch werden sollten.

Bei der 1870 für die Eröffnung des Suez-Kanals komponierten Oper Aida, deren Uraufführung Giovanni Bottesini dirigierte, ist die Wortbehandlung ein besonderes Merkmal. Mit der eigenhändigen Einstudierung an der Mailänder Scala zu Beginn des Jahres 1872 setzte Verdi neue Maßstäbe für die Opernproduktion in dem heruntergekommenen italienischen Opernbetrieb. Am Ende dieser Erfolgsserie stehen Otello (1887), in der es kaum noch in sich abgeschlossene Ariennummern gibt, und Falstaff (1893).

Verdis Musiksprache, die er bereits mit Nabucco 1842 voll entwickelt hatte und im laufe seiner über fünfzigjährigen Karriere als Opernkomponist vielfach variierte und verfeinerte, dokumentiert seine Entwicklung vom Nachfolger der Belcanto-Komponisten Gaetano Donizetti, Vincenzo Bellini und Gioacchino Rossini zum Begründer des italienischen romantischen Musikdramas.

Ausgangspunkt für Verdis schöpferischen Prozess war – von wenigen Ausnahmen abgesehen – immer die Auseinandersetzung mit dem Libretto. Seine Textdichter mussten häufig sogar Eingriffe bis ins Versmaß hinnehmen. Auch wenn Verdi dem Orchester in seinen letzten Opern eine größere Bedeutung zuwies, liegt das Hauptgewicht in allen seinen Bühnenwerken auf den Stimmen: Kantabilität war eine der ersten Forderungen, die er an sich selbst stellte. Genauso wichtig war ihm die wirklichkeitsgetreue Zeichnung der Personen und ihrer Umgebung. Im Gegensatz zu seinem großen Antipoden. Richard Wagner dachte Verdi mehr melodisch-rhythmisch und verwendete die Geste als sein stärkstes Ausdrucksmittel. Wagner hingegen, der übrigens ebenfalls 1813 das Licht der Welt erblickte, ging hauptsächlich harmonisch-dynamisch vor und bediente sich des Symbols. Beide hatten jedoch ähnliche Vorstellungen vom Gesamtkunstwerk, das jeder auf seine Weise verwirklichen wollte.

Verdi hatte sich in den ersten drei Jahrzehndem dramatischen Genre, verschrieben. Doch Rossinis Tod am 13. November 1868 veranlasste ihn, sich auch der anderen großen Musiktradition Italiens zu besinnen: er forderte dreizehn andere Komponisten auf, gemeinsam ein Requiem zu komponieren, in dem er selbst den Schlussteil („Libera me«) übernahm. Zwar kam das Pasticcio zustande, aber die Aufführung scheiterte an Unstimmigkeiten der Beteiligten. Als knapp fünf Jahre später Alessandro Manzoni starb, schrieb Verdi – unter Einbeziehung seines vorhandenen »Libera me« – eine komplette Totenmesse als Ausdruck seiner persönlichen Verehrung des großen Dichters.

Am 22. Mai 1874, dem ersten Todestag Manzonis, wurde die Messa da Requiem in der Mailänder Kirche San Marco unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt. Kurz darauf folgte eine Aufführung an der Mailänder Scala. Aufgrund des enormen Erfolges entschloss sich Verdi, sein neues Werk in den musikalischen Metropolen Europas – Paris, London und Wien – persönlich zu dirigieren.
Neben den zahlreichen Opern, einer Reihe von Liedern, dem Requiem und einigen anderen geistlichen Kompositionen schrieb Verdi kaum andere Werke; abgesehen von den Märschen und Ouvertüren seiner anfänglichen Laufbahn.

Sein einziges Streichquartett in e-Moll entstand eigentlich auch nur aus einer Not heraus. Im Winter 1872/73 hielt er sich in Neapel für die Proben zu Aida auf. Wegen der Erkrankung der Sopranistin Teresa Stolz mussten die Proben verschoben werden und Verdi komponierte zum Zeitvertreib dieses Streichquartett, im letzten Satz mit einer großangelegten Fuge; ähnlich dem Finale des Falstaff.

Giuseppe Verdi starb während eines Aufenthaltes in Mailand am 27. Januar 1901. Es wurde Staatstrauer verordnet, und seine Büste kam ins Kapitol nach Rom.
Carmen Fiedler

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