Der Blautopf ist überraschend klein an Durchmesser. Doch durch seine enorme Tiefe leuchtet er in unglaublichen Blautönen. Wir versuchen, die Unterwasserwelt als kleine Laterna magica mit Hilfe von Wandschirmen darzustellen, wie ein Prisma, in dem sich die vielfältigen Abstufungen der Wasserwelt – gemeint ist die tiefgründige menschliche Gefühlswelt – brechen, so gut es die Verhältnisse auf der kleinen Bühne erlauben.
Hierzu werden auch Dias von Wassersegmenten aus Friedrich Hechelmanns Illustrationen zum »Schönen Lau«-Märchen verwandt. Friedrich Hechelmann hat ja in besonderer Weise Techniken zur Darstellung der Farben- und Formenspiele des Wassers entwickelt.
Wir interpretieren die bewegten unregelmäßigen Rhythmen und die vielen Sext-, Quint-, Quart- und Terzintervalle in der Musik von Gerhard Konzelmann als Lichtbrechungen im Wasser: die Menschen nehmen die Wasserwelt als etwas Gebrochenes wahr; dem biederen Verstand erscheint diese tiefe erotische Welt fremd und fern. Schatten- und Silhouettenspiele verstärken die Unwirklichkeit des Geschehens.
Auch der Gesang des Erzählers; der optisch außerhalb und abseits steht, eigentlich unabhängig von den beiden Welten der Menschen und der Wasserwesen, zieht uns, allein durch seine Diktion und Rhythmik, in die Welt der Brechungen des Wassers – und gleichzeitig in die geheimnisvolle schwebende, noch mittelalterliche Welt, in der sich das Märchen gründet.
Die Menschen werden nicht zu direkt beleuchtet, da sie ja nicht humanistisch aufgeklärte Personen sind, sondern labile Wesen im begrenzten mittelalterlichen Umfeld. Sie tragen traditionelle Kleidung, hantieren mit wenigen häuslichen Requisiten, während die Wasserwesen schöne fließende Stoffe tragen – eine Leihgabe der Blaubeurer Inszenierung von 2004, ebenso wie der geheimnisvoll schimmernde Kreisel.
Zur Inszenierung in kleinem Rahmen passt auch das nur sechsköpfige Instrumentalensemble. Die Essenz des Märchens, dessen Handlung von Gerhard Konzelmann um einige Handlungselemente gestrafft und leicht modifiziert wurde, möchten wir in diesem stilisierten Rahmen umso mehr zur Geltung bringen.
Hans-Christian Hauser