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Festival 2018 - Richard Strauss (1864-1949) »Ariadne auf Naxos«Richard Strauss komponierte »Ariadne auf Naxos« als Oper »in einem Aufzuge nebst einem Vorspiel«. Sie ist sein Opus 60. Das Libretto stammt von Hugo von Hofmannsthal.

In einem »Theater auf dem Theater« wird der mythologische Stoff der auf der Insel Naxos verlassenen, todessehnsüchtigen Ariadne mit zeitgenössischen Themen der Kunst verwoben.

Dauer:
Das Vorspiel (=erster Teil) ca. 40 Minuten, danach Pause.
Die Oper (=zweiter Teil) ca. 80 Minuten

 

Zur Inszenierung

Die Ariadne-Oper passt zu einem Jubiläumsjahr, denn in ihr begegnet uns Musiktheaterkünstlern vieles, was wir von unserem täglichen Künstlerleben gut kennen, vom Leben HINTER der Bühne, wohlgemerkt.
Jeder von uns kennt es, dass man manchmal von Geldgebern abhängig ist, die uns in unsere Kunst hineinreden, obwohl sie überhaupt nichts von der Sache verstehen, und es mag uns bisweilen die Lust an Auftritten vergällen.
Wer als Pianist oder Dirigent mit Sängern arbeitet, dem macht nicht selten Primadonnen- und Tenorgehabe das Leben schwer.
Wir kennen die spritzigen Sängerinnentypen, die, ihre sinnlichen Reize gekonnt nutzend, das Publikum und die meisten Mitspieler um die Finger wickeln. Sie kontrastieren mit den Tiefgründigen, die in der Kunst um den Ausdruck des Echten bemüht sind.
Die beiden Typen, der sinnenfrohe und der geistvolle, haben beide ihre Berechtigung und ihr Publikum. Man könnte nicht entscheiden, welcher Ansatz mehr Berechtigung hat. Insofern hat die Zumutung, die der Mäzenbanause den Künstlern aufgibt, gar etwas Salomonisches.

Nun geht es in dieser Oper aber nicht nur um Kunst, sondern, wie in den meistern Opern, auch um Liebe. Welcher Ansatz ist hier der Richtige? Ist die hübsche Zerbinetta besser, die Realistin, die ihre Möglichkeiten des kurzen, unterhaltsamen Glücks mit den den vielen Männern perfekt einschätzt und jede Gelegenheit nützt? Die die Männer mit Lust und Geschick bezirzt?
Oder hat Ariadne recht, die Ideale, die nur die eine, wahre Liebe im Leben sucht?
Die Komposition von Richard Strauss scheint schließlich zu Ariadne zu tendieren. Ihre Liebe ist so ideal, dass sie im realen, sinnlichen Leben nicht erfüllt werden kann. Aber ihre Liebe ist transzendent: sie wandelt sich in berauschende, nie enden wollende Musik. Bacchus erreicht diese Sphäre durch Unbestechlichkeit, durch Konzentration und Geistigkeit. Die Zauberin Circe vermag ihn nicht zu bezirzen.
Ariadne erreicht diese Sphäre des Wunderbaren in absoluter Hingabe.
Die Reinheit Ariadnes und die Unbestechlichkeit Bacchus´ vereinigen sich zu ewigem Gesang.

Hans-Christian Hauser

 

Die Handlung

Das Vorspiel – Im Palast eines Neureichen

Ein Neureicher hat von einem jungen Komponisten eine Oper als Soiree in seinem Hause bestellt. Der junge Komponist, voll des Ideals der edlen Kunst, hat den klassischen Stoff »Ariadne auf Naxos« zu einer Opera seria (ernsten Oper) verarbeitet.

Jetzt ist der Abend gekommen und der junge Künstler fiebert der Aufführung entgegen, betreut von seinem Kompositionslehrer, einem erfahrenen Pädagogen.

Während die letzten Vorbereitungen im Gange sind, erfährt der Musiklehrer, dass unmittelbar nach der Oper noch ein weiteres Stück, und zwar ein derbes Tanz- und Boulevardstück aufgeführt werden soll.

Er ist entsetzt und beschwert sich beim Haushofmeister. Dieser entgegnet ihm arrogant, dass es alleine die Sache des Hausherrn sei, was aufgeführt werden soll und in welcher Reihenfolge, denn schließlich sei ER es, der das »Spektakel« bezahlt.

Dem Musiklehrer ist klar, dass der junge Komponist, der vom Honorar das nächste halbe Jahr sein Leben bestreiten muss, sich dieser finanziellen Erpressung wird beugen müssen.

Inzwischen ist die hübsche und durchtriebene Boulevardsängerin und Tänzerin Zerbinetta mit ihren vier Partnern (Harlekin, Brighella, Scaramuccio und Truffaldin) eingetroffen, die zum »lustigen Nachspiel« der Oper tanzen sollen.

Der Komponist ist auf den ersten Blick von Zerbinetta, diesem »entzückenden Mädchen« fasziniert. Doch als der Musiklehrer seinem Zögling berichtet, was ihm zu Ohren gekommen ist, kommt der Komponist in große Aufregung: Niemals darf es sein, dass ein lustiges Tanzspiel, ein Firlefanz, nach seinem edlen, tiefen, gültigen Kunstwerk aufgeführt wird!

Dann kommt es noch schlimmer: Der Haushofmeister erscheint mit dem neuesten Befehl seines Herrn: Die Opera seria und die Opera buffa sollen gleichzeitig gegeben werden. Die ganze Aufführung dürfe zudem nur eine Stunde dauern, denn danach (um neun Uhr) müsse unbedingt pünktlich ein Feuerwerk für die Gäste beginnen.

Der Musiklehrer ist entsetzt und weiß nicht, wie er diese Zumutung seinem Schüler vermitteln soll.

Zerbinettas Tanzmeister hingegen ist zuversichtlich. Er macht den Vorschlag, dass man von der Opera seria einiges kürzen und die Tanzszenen dort einbauen solle.

Primadonna und Tenor der Ariadne-Oper, die sich in ihren Garderoben vorbereiten, sind entrüstet, dass sie mit dieser unseriösen Boulevardtruppe zusammen auf der Bühne stehen sollen.

Und der Komponist ist verzweifelt.

Zerbinetta, deren Talent es ist, in jeder Situation vorteilhaft zu improvisieren, freut sich hingegen auf die Aufgabe. Sie versteht es gar, den jungen Komponisten zu bezirzen und zu beruhigen, so dass er jetzt seine Einwilligung zum kombinierten Auftritt der beiden so verschiedenen Ensembles gibt.

Dem Tanzmeister, der mit seiner pragmatischen Bühnenerfahrung die langen gefühlvollen Passagen der Ariadne-Oper für gefährlich langweilig hält, kommt die Aufgabe, dass sich Zerbinetta mit ihrer fidelen Truppe in die Handlung mischen soll, gerade recht. Damit sie sich hineinfinden kann, erklärt er ihr das Stück aus seiner pointierten ironischen Sicht in wenigen Worten:
»Das Stück geht so: Eine Prinzessin wurde von ihrem Bräutigam sitzengelassen, und ihr nächster Verehrer ist vorerst noch nicht angekommen. Die Bühne stellt eine wüste Insel dar. Wir sind eine muntere Gesellschaft, die sich zufällig auf der Insel befindet. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, treten wir auf und mischen uns in die Handlung.«

Der junge Komponist ist nun in Euphorie: die Premiere seines Werkes steht ja bevor! Überschwenglich besingt er die Macht der Musik: »Musik ist eine heilige Kunst.«

Doch als die Aufführung beginnen soll und er Zerbinetta und ihre halbseidnen Begleiter auf die Bühne stürmen sieht, schlägt seine Stimmung in Verzweiflung um. Wie konnte er sich auf diesen Kompromiss einlassen! »Wer hieß dich mich zerren in diese Welt hinein? Lass mich erfrieren, verhungern, versteinen in der meinigen!«

Doch es ist zu spät. Die Vorstellung beginnt.

Die Oper – auf einer Bühne im Palast des Neureichen

Die drei Nymphen Najade, Dryade und Echo bedauern und betreuen die unglückliche Ariadne, die von ihrem geliebten Theseus auf der Insel Naxos verlassen wurde. Da Ariadne nur an die eine gültige Liebe im Leben glaubt, sieht sie für sich keine Zukunft und keinen Sinn im Leben mehr. Sie wartet untröstlich nur noch auf den Boten des nahenden Todes.

Zerbinetta und ihre Gefährten versuchen, Ariadne mit Tanz und Gesang aufzuheitern. Dies jedoch misslingt. Ariadne ignoriert sie.

Nun versucht Zerbinetta in einem Gespräch von Frau zu Frau, Ariadne neuen Lebensmut zu geben – mit einer der spektakulärsten Koloraturarien der Operngeschichte. Sie führt Ariadne ihre Lebensphilosophie, ihre lebensfrohe, diesseitige und praktische Sichtweise auf die Liebe vor: es gibt doch unzählige attraktive Männer! Eine Frau kann sich immer wieder neu hinreißen lassen, und so wird es ihr nie langweilig!

Ariadne jedoch ist Zerbinettas Art zuwider, und sie zieht sich zurück in ihre Höhle.

Zerbinetta kokettiert virtuos weiter mit ihren Gefährten und wählt sich schließlich für diesmal Harlekin als Liebhaber. Die anderen Herren, die sich bis zuletzt jeder als der Erwählte wähnten, gehen leer aus.

Die drei Nymphen beobachten jetzt die Ankunft eines Fremden. Es ist der Gott Bacchus, welcher durch seine Unbestechlichkeit der verführerischen Macht der Zauberin Circe entkommen konnte.

Ariadne erwacht aus ihrer leblosen Starre und glaubt beim Anblick Bacchus‘, der Todesbote Hermes sei endlich angekommen. Bacchus ist von der Schönheit Ariadnes fasziniert. Beide überwinden ihre natürliche Scheu und erfahren durch das Wunder der Liebe eine wunderbare Wandlung.

Ariadne erwacht zu neuem Leben, und der Gott Bacchus, der ebenfalls der Liebe abgeschworen hatte, kehrt zu einer neuen Liebe zurück: »Deiner hab’ ich um alles bedurft! Nun bin ich ein anderer, als ich war, durch deine Schmerzen bin ich reich, nun reg’ ich die Glieder in göttlicher Lust! Und eher sterben die ewigen Sterne, eh’ denn du stürbest aus meinem Arm!«

Zerbinetta ist beeindruckt und kommentiert nicht ohne Ironie: »Kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir stumm!«

 

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